Geschichtliches zum Thema Gin
Die ältesten Quellen Mitte des 17. Jahrhunderts berichten von einem Wacholderschnaps namens Genever des Arztes François de la Boe. Als Wilhelm III. von Oranien-Nassau 1689 den englischen Thron bestieg, brachte er den Genever aus seiner Heimat mit. Er befreite die Produktion von Wacholder-Schnaps jeglicher Steuern und belegte gleichzeitig den Import französischer Alkoholika mit hohen Steuern. Auch englische Soldaten, die die Holländer im Holländisch-Spanischen Krieg unterstützten, brachten diesen Schnaps auf die Britische Insel, wo er den Namen Gin erhielt. Durch einen Erlass wurde 1690 festgelegt, dass der Gin nur aus englischem Getreide produziert werden darf.
Ab 1769 produzierte die Gordon Co. im Norden Londons einen in der Britischen Marine verbreiteten dreifach gebrannten Gin. Zu dieser Zeit destillierte man in England viele raue, harte Brände mit wechselndem Alkoholgehalt unter der Bezeichnung Gin. Als durch die grossen Anbaugebiete in Nordamerika die Anbaufläche für Getreide grösser wurde und damit auch der Preis sank, wurde es auch billiger, Alkohol zu produzieren. Der billige und hochprozentige Gin wurde vor allem in den unteren Gesellschaftsschichten sehr beliebt, da ein Rauschzustand schon nach wenigen Drinks eintrat. Der Ginkonsum stieg so stark an, dass die Regierung sich gezwungen sah, im Zuge der Gin-Krise einzugreifen. Durch hohe Steuern und verschärfte Qualitätskontrolle sollte Gin für die unteren Schichten künstlich verteuert werden.
1791 regulierte der sogenannte Gin Act nicht nur Qualität und Herstellung, sondern brachte ihn in die Kreise der Upper Class. An der Destillationsmethode und Rezeptur wurde innerhalb dieser Grenzen in den zahlreichen Destillerien im Londoner Bloomsbury-Viertel und im Vorort Finsbury während dieser Gin-Ära von vielen weiter getüftelt. Gerade in Finsbury mit seinem klaren Quellwasser entwickelte sich auch der London Dry Gin zwar nicht als Herkunftsbezeichnung (etwa für Gin aus London) doch aber als eine bestimmte Vierfach-Destillation in Kupferkesseln, mit der im Vergleich zum kontinentalen Genever ein besonders runder und trockener Geschmack der Spirituose erreicht wird.
Der Vorgänger ist der sogenannte Old Tom Gin, ein leicht gesüsster Gin, der im 18. und 19. Jahrhundert sehr populär war. Er eignet sich vor allem (aber nicht nur) zum Mixen von Longdrinks wie Tom Collins und kann als Verbindung zwischen Genever und dem London Dry Gin verstanden werden.
Gin war in England von 1840 bis 1880 verboten.
Unterteilungen des Gins
Gemäss der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 unterscheidet man Gin und Destillierten Gin. London Gin ist eine Variante davon, wobei der Zusatz dry (trocken) zulässig ist, ohne dass dies als eigene Spirituosenart gesehen wird.
Segmentiert man den Gin, so lässt er sich in Dry Gin bzw. London Dry Gin, Old Tom Style, Plymouth und Modern Gin unterteilen.
Dry Gin
Dry Gins sind nicht gesüsst, also trocken, pelzig sowie kräftig bis würzig im Geschmack. Die Wacholder dominiert das Aroma. Die verschiedenen Botanicals dürfen zu jedem Zeitpunkt zugegeben werden, nicht nur vor der Destillation und auf einmal. Ebenso dürfen verschiedene naturidentische Farb- und Aromastoffe zugegeben werden.
London Dry Gin
Dry Gins und Destilled Gins sind dem London Dry Gin sehr ähnlich, allerdings sind beim London Gin die Regeln strenger. Beim London Dry Gin darf nach der Destillation weder etwas hinzugefügt, noch dürfen verschiedene Chargen einer Destillation miteinander vermischt werden. Gemeinsam haben Dry Gin und London Dry Gin die mindestens doppelte Destillation und das Verbot von Zuckerzusatz.
Old Tom Gin
Beim Old Tom Style handelt es sich um einen gesüssten und mithin um einen Sweet Gin, was bedeutet, dass das Destillat nach seiner Fertigstellung mit Zucker versetzt wird, was früher daran lag, seine meist miserable Qualität zu überdecken. Auch hier bleibt die Wacholderbeere geschmacklich dominierend. Sein Name kommt von der schwarzen Katze (Old Tom Cat), deren stilisierter Kopf im 17. und 18. Jahrhundert an Häuserwänden von Pubs hing. Damit lockte man Kundschaft an, die eine Münze durch eine Öffnung in der Hauswand warf und der dann eine Kostprobe des damals üblichen Getränks direkt in den Mund gegossen bekam. Im 18. und 19. Jahrhundert war der Old Tom Basis vieler klassischer Cocktails. Und auch heute wird er wieder hergestellt, nachdem er lange in Ungnade gefallen war.
Plymouth Gin
Der Plymouth Gin ist der Gin der Royal Navy und der einzige Gin der Welt mit einer geschützten Herkunftsbezeichnung. Plymouth Gin muss also aus Plymouth, Südengland kommen. Auch er ist gesüsst, geschmacklich aber eher smooth, also milder als die (London) Dry Gins. Bei seiner Herstellung wird weniger auf Wacholderbeeren zurückgegriffen, wenn auch diese weiterhin dominieren. Ausserdem verwendet man keine bitteren Botanicals.
New Western Style Gin oder Modern Gin
Modern Gins sind all die Gins, die nicht in die anderen vier Gin-Kategorien passen. Genau genommen handelt es sich dabei um Gin-Arten, die einen anderen Stil haben, die 120 Botanicals also anders verwenden und miteinander vermischen. Wacholder muss nicht mehr dominieren, vielmehr werden die Aromen oft ausgeglichenen oder zu Gunsten eines anderen Aromas verwendet. Auch haben Modern Gins teilweise weniger Alkohol.
Herstellung
Grundlage eines jeden Gin ist ein sehr guter Neutralalkohol und eine Zusammenstellung von verschiedenen individuellen Botanicals. Es kommen sowohl das Pot Still (Brennblasen) sowie das Patent Still (Säulendestillation) zum Einsatz.
Die Aromen der Botanicals erhält der Neutralalkohol (später Gin) mittels drei verschiedener Methoden:
Cold Compounding: Aus den Botanicals werden Essenzen extrahiert, diese werden mit dem Alkohol kalt vermischt.
Distilled: Die gemahlenen Botanicals werden in dem Neutralalkohol eingelegt und dann destilliert.
Racking (Dampfinfusion): Die Botanicals werden in Körben gegeben, in die Brennblase gehängt und der Dampf der bei der Destillation aufsteigt nimmt die Aromen der Botanicals auf.