Der Whisky und das Fass
Das frische Destillat, genannt „new make“, ist vollkommen farblos und weist meistens zwischen 69 und 72 Vol. % auf. Der Geschmack variiert je nach Brennerei und kann von ganz frisch, blumig, fruchtig zu ganz schwer, medizinisch, rauchig gehen.
In früheren Zeiten wurde das Destillat ziemlich sicher so getrunken, auch wenn es roh und unausgewogen ist und es ihm an Feinheit fehlt. Erst durch die Lagerung in Fässern wird der Körper ausbalanciert und nimmt die Flüssigkeit Farbe an.
Es macht also absolut Sinn, dass der Whisky sich erst nach mindestens drei Jahren und einem Tag Reifezeit in Eichenfässern überhaupt Whisky nennen darf.
Geschichtlich wird davon ausgegangen, dass der Wein aus den einzelnen Ländern (Frankreich, Portugal, Spanien – oder Bordeaux, Portwein, Sherry, Madeira) in Fässern transportiert wurde. Nachdem der Wein von den Händlern in Flaschen abgefüllt und verkauft wurde, blieben die leeren Fässer übrig. Diese wurden dann für die Aufbewahrung von Destillaten eingesetzt. Der positive Einfluss der Lagerung in diesen Fässern blieb nicht unbemerkt und wurde später zum Standard.
Was ist ein First Fill?
Unter „First Fill“ versteht man die erste Befüllung eines Fasses mit Whisky, welches zuvor ein anderes Produkt enthielt (zB Sherry, Bourbon). Normalerweise ist hier der Einfluss des Fasses auf den Whisky noch am stärksten, weshalb die darin gereiften Whiskys meist auch teurer sind.
Die Reifung von amerikanischem Whiskey erfolgt per Gesetz zu 100% in neuen Eichenfässern, die nur einmal verwendet werden dürfen. Sie haben meist einen Inhalt von 200 Litern (das so genannte ASB: American Standard Barrel) und sind nach ihrer einmaligen Verwendung, also meist nach drei bis vier Jahren, für die amerikanische Whiskyproduktion nicht mehr nutzbar. Durch die Verwendung des frischen Holzes geben diese Fässer an den amerikanischen Whiskey viele Inhaltsstoffe ab; insbesondere Vanille und Tannine, wobei sie sich im Gegenzug mit den Aromen der Spirituose vollsaugen.
Diese Fässer werden dann von den schottischen Whisky-Brennereien (und fast allen anderen fassgelagerten Spirituosen wie Rum etc.) aufgekauft. Dadurch, dass diese Fässer bereits mehrere Jahre lang Whiskey enthielten, sind sie schon zu einem Teil ausgelaugt und wirken sich auf das nun eingefüllte Destillat weniger ungestüm und viel dezenter aus. Zur Abtötung eventueller Keime werden diese Fässer vor der Befüllung „getoastet“, also mit einer grossen Flamme von innen ausgekohlt, was einer Auffrischung gleicht und den Einfluss auf die Spirituose wieder etwas verstärkt.
Da Boden und Deckel der Fässer durch deren Zerlegung vor dem Transport nach Europa in Mitleidenschaft gezogen werden, erhalten alle ehemaligen Bourbonfässer neue Deckel und Böden.
Während der Reifung verändert sich das frische Destillat. Einerseits durch das Verdunsten von Wasser und Alkohol („angels share“), andererseits durch die aromatischen Bestandteile des Holzes; insbesondere Vanille, Zucker (Xylose) oder ganz allgemein „holzige“ Aromastoffe. Es gewinnt an Körper und Geschmack.
In den Jahren der Reifezeit wird der Whisky durch Umfüllen in andere Fässer nach dem Geschmack der entsprechenden Brennerei geformt. Dieser Prozess bringt zusätzliche geschmackliche und aromatische Dimension. Diese meist mehrere Monate währenden Perioden nennt man „Finishing“, das Verfahren „wood management“.
Besonders beliebt sind gebrauchte Sherryfässer aus Spanien, die so genannten „Butts“ mit einem Fassungsvermögen von 500 Litern sowie Ex-Portweinfässer („Pipes“) mit 650 Litern Inhalt. Daneben werden vor allem in neuerer Zeit auch Madeirafässer („Drums“, 650 Liter Inhalt) oder französische Weinfässer („Barriques“ mit 225 Litern Inhalt) verwendet.
Die Fässer werden meist mehrmals verwendet, wobei sie vor jeder erneuten Befüllung neu „getoastet“ werden. Wie oft dies geschieht, hängt von den verschiedenen Brennereien ab. In der Regel kann man von einer Verwendungszeit von 30 bis 40 Jahren ausgehen, wobei die ersten Jahre, in welchen das Fass Bourbon enthielt, nicht mitgezählt werden. Die europäischen Holzfässer (Sherry etc.) laugen langsamer aus und geben somit länger Inhaltsstoffe an den Whisky ab als Bourbonfässer.
Weinfässer (zu denen u. a. Sherry- und Madeirafässer gehören) haben sich in ihrem „früheren Leben“ mit den Wein-Aromen vollgesogen. Sie beeinflussen den nun eingefüllten Whisky natürlich in Aroma und Geschmack und verleihen ihm die bestimmte Sherrynote, weinige Tannine oder den üppigen Port- oder Sherrycharakter.
Und nicht zuletzt erhält der Whisky durch die Fassreifung auch seine Farbe, wenngleich selbst bei sehr guten Whiskys sehr häufig die farbliche Anpassung durch Zuckercouleur für das endgültige Erscheinungsbild verantwortlich ist. Besonders intensiv färben naturgemäss Portweinfässer den Whisky, der durch sie eine leicht rötliche Farbe erhält.
Finishing in der Whiskyproduktion
Hinter dem Begriff „Finishing“ (hergeleitet vom englischen „to finish“ = „etwas beenden“) versteht man die Nachreifung von Whisky in anderen Fässern als jenen, die zu seiner eigentlichen Reifung verwendet wurden. Der Vorgang wird als „wood finishing“ bezeichnet, der so entstandene Whisky trägt dann die Bezeichnung „double matured“ oder gar „triple matured“. Die gesamte Prozedur nennt man auch „wood management“.
Um dem fertigen Whisky nun eine besondere zusätzliche geschmackliche und aromatische Qualität zu verleihen, wird er vor der Flaschenabfüllung meist für einen Zeitraum von sechs bis 24 Monaten in Fässer abgefüllt, die zuvor Wein oder andere Spirituosen enthielten. Das Holz dieser Fässer hat sich im Laufe ihres „ersten Lebens“ mit dem jeweiligen Inhalt mit komplexen Aroma- und Geschmacks- und sogar Farbstoffen vollgesogen, die nunmehr von dem eingefüllten Whisky ausgelaugt werden.
Heute gibt es eine grosse Zahl von Single Malt Whiskys, die in einem, bisweilen gar in zwei oder noch mehr verschiedenen Fässern nachreifen durften. Während Ex-Sherryfässer immer noch den Löwenanteil solcher Fässer stellen und Ex-Portweinfässer ebenfalls in grosser Zahl verwendet werden, trifft man auch immer häufiger gebrauchte Madeira- oder Sauternes-Fässer, in letzter Zeit auch Burgunder- oder selbst Chardonnayfässer in den Fasslagern der Whiskybrennereien Schottlands. „Exoten“ sind gebrauchte Calvados-, Rum- oder Cognacfässer.
Es gibt natürlich auch hier Puristen, die der Meinung sind, dass ein solches wood management den Charakter des Whiskys verfälsche. Wir dürfen uns jedenfalls freuen, dass ein gelungenes wood management hervorragende Ergebnisse erzielen und dem Single Malt Whisky zusätzliche Nuancen verleihen kann, die den Genuss desselben erhöhen – Letztendlich wird der Markt entscheiden, welches wood management sich durchsetzt.
Wussten Sie …
Dass der Preis der Fässer ständig steigt? Grob gerechnet machen die Anschaffungskosten der Fässer etwa 10% der gesamten Herstellungskosten eines Whiskys aus, Tendenz steigend!
Generell sind praktisch überall auf der Welt Eichenfässer für die Alterung von Whisky per Gesetz vorgeschrieben. Dabei sind es zwei verschiedene Eichensorten, die hier Verwendung finden können: die amerikanische Eiche (Quercus alba), die sich durch schnelles Wachstum, geraden Wuchs, eine grossporige Holzbeschaffenheit und einen hohen Vanillingehalt auszeichnet, und die europäische Eiche (Quercus robur), mit einem wesentlich langsameren Wachstum und einem unregelmässigeren Wuchs. Zugleich verfügt ihr Holz über einen deutlich höheren Gehalt an Tannin. Abgesehen davon besteht das Holz beider Spezies zu etwa knapp 50% aus Zellulose, während der Rest auf Hemicellulose und Lignin sowie auf zahlreiche Aromastoffe entfällt.
Welchen Einfluss hat der vorherige Inhalt eines Fasses auf den Geschmack des Whisky?
Welchen Einfluss hat der Vorgänger-Inhalt auf den fertigen Whisky? Grundsätzlich verläuft natürlich jeder Reifeprozess anders ab. Jedes Fass ist ein Unikat und ein Naturprodukt, daher gibt es eine deutliche Varianz zwischen verschiedenen Fässern. Trotzdem lässt sich ein grundsätzlicher Einfluss verschiedener Fasstypen wie folgt beschreiben:
Übersicht Fässer und deren Einfluss auf den Whisky-Geschmack (PDF)